Gerade ein New Worker macht Fehler – was habe ich aus meinen gelernt?

Als Organisator und Veranstalter des #dreiCday, einer Non-Profit-Veranstaltung rund um New Work & Digitalisierung für 150 Teilnehmer am 20.10.17 in Karlsruhe, treffe ich momentan gefühlte 100 Entscheidungen täglich. Natürliche mache ich da Fehler, wer würde das nicht?! Heute möchte ich meine bisherige Fehlerliste der Event-Organisation und was ich daraus gelernt habe mit euch teilen.

Eine kurze Einleitung

New Work macht für mich aus:

  • Das mutige Teilen von Ideen, Gestaltungsräumen und Wirkungsmöglichkeiten, immer mit dem Individuum und unseren Grundwerten im Fokus.
  • Das iterative Vorgehen basierend auf direktem Feedback, Transparenz, Augenhöhe und Pragmatismus.
  • Die Wertschätzung der beteiligten Menschen, die Wahrnehmung ihrer Wünsche und „Aktionsangebote“ und die Verbindung dieser mit dem „großen Ganzen“.

Fehler sind für mich ein Teil des iterativen Vorgehens und eine Lernchance – wenn ich sie ignoriere führt dies vorerst zu einem dauerhaften Reibungsverlust: der Fehler wiederholt sich, es können Folgefehler entstehen und irgendwann steht man vor einem “ekelhaften Knäuel” und weiß nicht wo man anfangen soll, muss es aber irgendwie, weil es sonst nicht mehr weitergeht. Fehler zu machen ist selten schön, wenn man hohe Ansprüche an sich hat, aber man kann lernen, damit umzugehen und Fehler als Lernchance zu betrachten. Gerade gestern Abend hatte ich wieder die Gelegenheit, das noch besser zu lernen…

Meine bisherigen Fehler bei der Event-Organisation

FAIL - Fehler
Bild: © Yunshui (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons
  1. Impulsgeber-Kandidaten: Ich habe nicht auf mein Gefühl bei einem der Impulsgeber-Kandidaten gehört und ihn “zwangsbeglückt” bzw. beinahe zur Zusage des Impulses gezwungen.
  2. Boarden eines Orga-Teammitglieds: Ich habe nicht auf mein Gefühl beim Boarden eines Orga-Teammitglieds gehört, da ich es unbedingt als Event-Botschafter für ein Event in Karlsruhe gewinnen wollte.
  3. Impulsgeber-Kommunikation: Ich habe zu viel Druck ausgeübt in der Kommunikation mit einem potentiellen Impulsgeber und dessen Abstract ungefragt optimiert, da ich ihn direkt auf der damals kurz vor dem Launch stehenden Event-Webseite veröffentlichen wollte.
  4. Perfektion vs. Tempo: Ich habe zwischenzeitlich zu viel Perfektion bei gleichzeitig extrem hohen Tempo gewollt und mich selbst unter Druck gesetzt bzw. war kurz davor hektisch zu werden.
  5. No MVP: Bei meiner Mitarbeit bei der Umsetzung der Webseite habe ich unwichtige Details ausgebreitet statt den Fokus auf das wirklich Wichtige (“MVP”) zu legen.
  6. Gewinnspiel: Ich wollte unbedingt die ersten Newsletter-Anmeldungen bekommen und habe ohne nachzudenken ein “Standard-Gewinnspiel” ausgeschrieben – nach kurzem fühlte sich das für mich nicht mehr gut an (die plumpe “Karotte” passt für mich nicht gut zu New Work).
  7. Dauerhaft online: Ich war phasenweise dauerhaft online bei Twitter & Co. – das ist gut für die Sichtbarkeit des Events aber nicht unbedingt für meine Gesundheit und die Nachhaltigkeit der Event-Organisation.
  8. Diversität: Bei der Impulsauswahl dachte ich spontan an vier Personen – es fiel mir erst als diese schon zugesagt hatten nach einem Hinweis auf, dass drei davon männlich und um die 40 Jahre alt sind – nicht gerade passend für ein Event, dass sich Diversität auf die Fahnen geschrieben hat.
  9. Medienpartner: Bei der Werbung unserer Medienpartner musste ich feststellen, dass ich teilweise weder das Produkt der Medienpartner, noch ihren Markt wirklich kenne – dies führte u.a. dazu, dass ich unwissend versucht habe, zwei direkte Wettbewerber als Medienpartner zu werben.
  10. Event-Name/Marke: Bei der Namensfindung für das Event hatte ich zuerst die Abkürzung “CCCD” im Sinn – als simple Abkürzung für “Creative Collaboration Culture Day”. Gerade kürzlich habe ich die Abkürzung zum zweiten und hoffentlich letzten Mal angepasst – nachdem schon die Visitenkarten und Flyer gedruckt sind…

Nicht schlecht dafür, dass ich jetzt seit einem guten Monat das Event organisiere, oder?

Was ich daraus gelernt habe

  1. UnternehmensdemokratieImpulsgeber-Kandidaten: Als ich gemerkt habe, dass mein “zwangsbeglückter” Impulsgeber verständlicherweise nicht hinter dem Event stand und die Kommunikation zäh und mühsam wurde habe ich dies angesprochen. Nach einem Ultimatum und Einfordern eines Commitments für das Event haben wir uns darauf verständigt, den Impuls andersweitig zu vergeben. Zukünftig werde ich darauf achten, dass Impulsgeber-Kandidaten eine intrinsische Motivation für und Identifikation mit dem Event besitzen und nicht versuchen, diese, ohne auf mein Gefühl zu hören, zu erzeugen.
  2. Boarden eines Orga-Teammitglieds: Als ich realisierte, wen ich mir da ins Board geholt hatte bzw. wie es für mich nachdem ich zwei Nächte darüber geschlafen hatte überhaupt nicht mehr passte, habe ich den Zugriff auf unser Trello-Board für diese Person wieder entzogen. Darauf folgte eine Nachricht “Du hast mir den Zugriff entzogen?!” bevor ich die Chance hatte, dies zu kommunizieren. Am Montag danach erfolgte ein Anruf mit unterdrückter Nummer von besagter Person, in dem wir die Situation für den Moment klären konnten. Ziemlich viel “Stress” weil ich nicht auf mein Gefühl gehört habe, dass mir sagte es passt nicht… (mir fällt gerade ein, Andreas hat einen tollen Blogpost über Intuition geschrieben – Leseempfehlung!). In Zukunft werde ich auf mein Gefühl hören!
  3. Impulsgeber-Kommunikation: Als einer von fünf Impuls-Slots kurz vor dem Launch der Webseite wieder frei wurde hatte ich gerade ein Angebot für einen Impuls über eine Transformation in eine agile Organisation bekommen. Der mitgeschickte Abstract war mir für die Webseite noch nicht stringent genug und da ich den Launch im Hinterkopf hatte, habe ich direkt einen Verbesserungsvorschlag zurückgemailt und auch aus Transparenzgründen die Kommunikation mit dem vorherigen Impulsgeber-Kandidaten mitgesendet. Bei den Bewerbern kam beides nicht wirklich gut an und führte zum Rückzug ihrer Bewerbung. Auf meinen Versuch, die Kommunikation per Mail aufzuarbeiten erfolgte bisher keine Reaktion. In Zukunft werde ich, wenn es schnell gehen muss, telefonieren statt mailen – dann kann ich Missverständnisse gleich wahrnehmen und auffangen bzw. aufarbeiten.
  4. Perfektion vs. Tempo: Trotz hohem qualitativen Anspruch auch ein hohes Tempo zu wollen bzw. vice versa ist grenzwertig bzw. führte in meinem Fall kurzzeitig dazu, dass ich kurz davor war, kopflos zu werden. Inzwischen habe ich gelernt, bei Aufgaben zu überlegen ob es um Perfektion oder Tempo geht und den Fokus entsprechend zu setzen. Wenn es um Perfektion geht ist der Denk-Prozess wichtig, es darf ruhig ein bisschen dauern. Wenn es ums Tempo geht muss der Denk-Prozess nur ein erstes 80 Prozent-Ergebnis in kürzester Zeit liefern, z.B. nach einem kurzen Brainstorming mit einem Orga-Teammitglied. Verbessert werden kann dieses dann im Nachhinein.
  5. No MVP: Ich bin studierter Informatiker und habe meinen Bruder, einen Komponisten und Macher, unsere Event-Webseite designen und umsetzen lassen. Bei der Umsetzung wurde klar warum – ich hätte mich hoffnungslos in Details und Texten verloren während er visuelle Elemente und das Minimum Viable Product (MVP, “was brauchen wir wirklich, um die Webseite online stellen zu können?”) in den Fokus stellte. In Zukunft möchte ich noch mehr darauf achten, mich auf das MVP und die Zielgruppe bzw. Rezeption der Zielgruppe zu fokussieren statt mich in gerade unwichtigen Details zu verlieren.
  6. Gewinnspiel: Wenn Du etwas erreichen möchtest, mach nicht einfach das, was alle andere machen – das habe ich aus meinem “Einfach mal ein Gewinnspiel für mehr Newsletter-Anmeldungen” online stellen gelernt. Nimm Dir einen Moment Zeit, über Deine Motivation, Deine Ziele und wie das mit Deinen Werten und Idealen zusammenpasst nachzudenken – das habe ich fest vor!
  7. Dauerhaft online: Ich schlafe momentan ca. fünf Stunden, teilweise aufgesplittet auf zwei Teile pro Nacht. Das hat sich aus meiner Begeisterung für die Event-Organisation und allem, was sich in diesem Kontext ergibt, ergeben und fühlt sich für mich gut an. Natürlich würde ich gerne mal wieder länger schlafen aber das kommt bestimmt wieder. Was ich nicht wiederholen möchte ist, mich zu sehr in Twitter & Co. zu verlieren – dabei vergesse ich die Zeit und mein Energielevel völlig bis es wirklich ungesund wird. Wenn ich dann noch etwas arbeiten bzw. abliefern muss gehe ich extrem auf dem Zahnfleisch und habe temporär keinen Spaß sondern eher Schmerz – auf Dauer gefährdet das meine Gesundheit und damit die Nachhaltigkeit meiner Event-Organisation.
  8. Diversität: An dieser Stelle muss ich sagen: zum Glück hat es mit einem der fünf Impulsgeber nicht geklappt! So haben wir die Möglichkeit, wenigstens eine Frau als Impulsgeberin zu gewinnen ohne das Event-Konzept umstellen zu müssen. Für weitere Austauschformate beim Event (die sich gerade im Gedankenprozess befinden) werde ich auf eine ausgeglichene Besetzung achten – ich meine es ernst mit der Diversität und entschuldige mich an dieser Stelle, dass es bei den Impulsen 4 zu 1 steht und hoffe, sie inspirieren euch trotzdem!
  9. Medienpartner: Wenn man im Gespräch mit einem Medienpartner-Kandidaten erkennen lassen muss, dass man dessen Produkt nicht kennt und danach darauf hingewiesen wird, dass man auf Twitter mit dem direkten Mitbewerber angebändelt hat, ist das kein gutes Gefühl. Ich werde in Zukunft, auch im Sinne der Wertschätzung, darauf achten, mir potentielle Partner vorab genauer anzuschauen bzw. ihnen meine Unkenntnis zu kommunizieren und um Informationen zu bitten, wenn ich das Gefühl habe, dass eine Partnerschaft für beide Seiten interessant sein könnte.
  10. Event-Name/Marke: Wenn man so agil und lean wie wir vorgeht ist keine Zeit für eine lange Markenanalyse und -findung. Die erste Abkürzung (relevant vor allem für den Hashtag) “CCCD” kippte, als wir im Gespräch mit unserem Impulsgeber Michael feststellten, dass sie sehr ähnlich zum “CCD” ist, den seine Firma seit einigen Jahren erfolgreich veranstaltet. Wir kamen relativ schnell gemeinsam auf “c3day” und damit zum Markennamen “c3.events”. Da die Domain nochmal teurer als ccc.events ist, habe ich diese vorerst nicht gekauft. Nach meinem Telefonat mit dem CCC muss ich sagen: zum Glück! Der CCC veranstaltet seit Jahren c3-Events und hat persönlich kein Problem mit meinem Event-Namen “c3day”. Er befürchtet allerdings, dass potentielle Teilnehmer seiner Events nicht begeistert sind, wenn sie ccc.events ansurfen und keine CCC-Webseite vorfinden, sondern mein Event. Um einem Social Media Shitstorm vorzubeugen und die CCC-Anmutungen zu klären habe ich spontan mein Event und meine Marke rebranded. Wir heißen nun very deutsch “dreiCday” bzw. “dreiC.events” und haben nun Twitter-Account, Domain und Event-Name aus einem Guss. Das einzige was ich anders machen würde bei diesem iterativen Prozess: vor dem Drucken der Visitenkarten und Flyer sicherstellen, dass die Marke und der Event-Name passen. Auf der anderen Seite haben wir bei der Übergabe der Visitenkarten und Flyer so immer einen schönen Aufhänger, über unsere agile Organisation zu berichten (ich unverbesserlicher Optimist!).

Ein Fazit?

Erstmal hoffe ich, dass meine Fehlerliste und Learnings für euch relevant bzw. interessant waren. Vielleicht könnt ihr diese auf euren Kontext übertragen? Auf jeden Fall möchte ich euch ermutigen, auch eine Fehlerliste zu führen und regelmäßig euch mit anderen darüber auszutauschen und über eure Learnings zu reflektieren. Nur so kann eine kontinuierliche Verbesserung erfolgen – für mich ein elementarer Bestandteil von New Work.
Ich freue mich auf eure Fragen, Kommentare und Anmerkungen und wünsche euch einen guten Umgang mit euren Fehlern.

Herzliche Grüße
Christoph

Bildnachweis

  • Beitragsbild/Screenshot: Christoph Thomas, CC BY-SA 3.0
  • FAIL: Yunshui (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons
  • Menschen & Sprechblasen: Clemens K. Thomas im Auftrag von Christoph Thomas CC BY-NC-ND 3.0

 

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