Warum Spitzensport kein Modell für Management ist

Spitzensport

Hand aufs Herz: Wer hätte das diesjährige erstmalige deutsche Vorrunden-Aus bei der Fussball-Weltmeisterschaft so vorhergesagt? Und das nach den teils phänomenalen Leistungen der letzten WM, denkt nur mal an die beinahe historischen 1:7 gegen Brasilien. Da erinnere sogar ich mich dran, als absoluter Fussball Ignorant, ja fast schon schon Gegner. Und dieses Jahr nun diese Schmach? Da bin ich aber froh, dass “unser Jogi” 2016 nach der Weltmeisterschaft beim  x-ten Buch über Sport als Erfolgsmodell fürs Management mit dabei war: “One touch: Was Führungskräfte vom Profifußball lernen können.” Es erstaunt mich immer wieder. Denn die Differenzen zwischen artifiziellem Spiel-Sport und (Unternehmens)Führung sind doch mehr als offensichtlich. 

Ok, ich gebe zu: Wenn es funktionieren würde, wäre es wirklich inspirierend; wenn wir in der Lage wären, aus Sportarten wie Fussball, Handball, Basketball, Tennis, Wasserball, Leichtathletik, Schwimmen, Rudern etc. nachhaltig etwas für (Unternehmens)Führung zu lernen, wäre das charmant. Denn wir könnten die hohe Emotionalität nutzen, die wir als Teilnehmende und Zuschauer*innen immer wieder beim Sport erleben. Wir hätten so etwas wie eine universelle Metapher, um in einem ganz anderen Leistungsbereich ebenfalls Weltklasse zu werden. Ja, das ist verlockend.

Folgerichtig ist es nicht im geringsten verwunderlich, dass gerade nach großen Erfolgen wie dem Sieg der deutschen Handballnationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2007 nur ein Jahr später ein typisches Buch erschien: Projekt Gold. Wege zur Höchstleistung – Sport als Erfolgsmodell vom damaligen deutschen Handball Nationaltrainer Heiner Brand und Jörg Löhr, bescheiden als einer der besten Erfolgs- und Motivationstrainer der Welt präsentiert. Nur zwei Jahre nach dem verdienten WM Sieg der deutschen Fussballnationalmannschaft erschien, wie schon oben erwähnt, One touch: Was Führungskräfte vom Profifussball lernen können. – Vielleicht könnten sie eines tatsächlich lernen: Das sich (dauerhafte) Erfolge eben nicht planen lassen und selbst Spitzenmannschaften jämmerlich versagen können.

Denn in beiden prototypischen Fällen folgte auf den Weltmeistertitel der Absturz. Das Fussballergebnis dürfte noch den meisten präsent sein. Die deutsche Handballnationalmannschaft schaffte es nach dem großen Erfolg 2007 zwei Jahre später nur noch auf Platz 5 und 2011 gerade bis zum 11. Platz. In den drei Weltmeisterschaften danach dümpelte die Mannschaft weiter auf den Plätze 5, 7 und 9 herum. Es reichte nicht mal mehr bis zu Silber oder Bronze. Somit ist ein erster Nachweis schon erbracht: Die Spitzenleistungen sind nicht auf Abruf mit dem richtigen Rezept zu reproduzieren. Mehr als zweimal hintereinander wurde keine Nation Fussballweltmeister, und auch zweimal schafften nur Italien (1934/1938) und Brasilien (1958/1962). Und selbst wenn, wie in der UEFA Champions League mit der historischen Siegreihe von Real Madrid (1956 bis 1960), so bleibt der Übertrag doch fraglich ob der enormen Unterschiede zwischen sportlicher Arbeit und nicht-sportlicher Arbeit, wie ich später noch ausführe.

Sportarten: natürlich versus artifiziell

Es gibt zunächst mal auch Unterschiede zwischen Sportarten und ihrer Übertragbarkeit auf Führung in Organisationen. Ich unterscheide dazu zwischen natürlichen und artifiziellen Sportarten.

  • Erstere finden in der Natur statt, die nicht oder kaum durch menschliche Eingriffe manipuliert und domestiziert wurde. Da wären alpines Klettern, Mountainbiken (freie Routen á la Vertical Riding, Alpenüberquerung etc.), Langstreckenrudern (zB. die Tour de Lac Leman, der Umrundung des Genfer Sees an einem Stück, an der ich selbst 1987 Juniosieger wurde), Segeln, (Langstrecken)Schwimmen in freien Gewässern etc.
  • Artifizielle Sportarten sind zB alle Spielsportarten, zumeist Ballsport, Leichtathletik und Turnen die in Stadien/Hallen stattfinden, Rudern in der klassischen Disziplin (2000m geradeaus auf einer genau markierten Strecke) genauso wie Kanu und Kajakrennen, Kampfsport (im Dojo, Ring, Käfig) etc.

Einer der großen Unterschiede zwischen beiden Typen: Entscheidungen in natürlichen Sportarten haben nicht selten wesentlich ernsthaftere Konsequenzen, will heißen: Eine falsche Entscheidung am Berg, auf See und selbst beim Rudern kann tödliche Konsequenzen nach sich ziehen. Was dann auch nicht allzuselten passiert. Beim Fussball stürzt indes niemand ab, beim Handball kommt niemand in eine gewaltige Schlechtwetterfront. Wenn, dann erscheint es noch am sinnvollsten, von diesen Spitzensportlern und ihren Trainer*innen zu lernen. Sie sind viel näher am echten Leben, als die Vertreter der artifiziellen Sportarten. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere Differenzen zwischen Spot einerseits und (Organisations)Führung andererseits.

Unterschiede zwischen Sport und allen anderen Arbeitswelten

Sport ist nicht Mord, aber als Hochleistungssport mit Sicherheit ernsthafte Arbeit. Die Tage sind brutal getaktet, dauernd muss der Kampfgeist aufs neue hervorgelockt werden, die Sportler*innen müssen geradezu zwanghaft auf ihre Ernährung achten (im Gegensatz zu praktisch allen Arbeitnehmern außerhalb des Sportgeschäfts), sie müssen immer wieder mit teils heftigen Verletzungen kämpfen, häufig großem medialen Druck standhalten, all den Erwartungen, die von teils Millionen von Menschen auf sie projiziert werden und so weiter und so fort. Keine Frage, dass muss man und frau erst mal leisten. Und wenn sie es schaffen ist es wahrlich eine respektierenswerte Leistung. Und doch: Sport ist eine sehr eigene Welt, die einigen fundamentalen Punkten komplett anders funktioniert, als die Arbeitswelt jenseits des Sports:

  1. Regelstabilität: Im Laufe eines Wettbewerbs gibt es garantiert keine systemischen Überraschungen: Keine disruptiven Erfindungen wie einen pyramidalen Fussball aus Nanoplaste, keine Wettbewerber, die plötzlich aus dem Nichts auftauchen, keine zweite Mannschaft, die als strategischer Partner des offiziellen Gegners mit aufs Feld einläuft, keine Zölle, die auf jeden Schuss über die Mittellinie erhoben werden, keine neuen Emissionswerte für die Atemluft der Spieler etc. Kurzum: Jedes Spiel, jeder Wettbewerb ist gerahmt durch fixe Regelsets, die sich garantiert nicht während eines laufenden Spiels ändern werden. In der sonstigen Arbeitswelt sieht das ein klein bisschen anders aus. Die Unvorhersehbarkeit ist um ein vielfaches größer.
  2. 100-m-Weltrekordlauf von Marlies Oelsner

    Erfolgsmessung: Fast jeder sportliche Erfolg ist im Kern objektiv messbar. Sprints werden gestoppt, Würfe gemessen, Tore gezählt (mittlerweile incl. Video Schiedsrichter). Ja, bei einigen Sportarten gibt es unzählige Diskussionen und Streitereien über die je aktuelle Entwicklung eines Wettbewerbs, wie beim Baseball oder schon deutlich gemäßigter in Kampfsportarten (es sei denn es gibt einen Knock-Out). Aber was genau ist Erfolg in der Wirtschaft? Maximal schnelles Wachstum? Von was? Mitarbeiter, Umsatz, Gewinn? Oder ist nicht auch die Reduktion von Kollateralschäden der Produktion ein Erfolg, auch wenn der Gewinn nicht steigt? Oder wenn 50 Mitarbeiter nicht betriebsbedingt entlassen werden müssen, sondern gemeinsam ein neues Geschäftsmodell entwickelt haben, dass erprobt werden soll?

  3. Nullsummenspiele: Es gibt keinen Win-Win Sport. Alle Disziplinen, egal ob natürlich oder artifiziell, sind immer Nullsummenspiele: Einige gewinnen, andere verlieren. Der Erste, Zweite, Dritte ist zumeist immer nur einer oder eine Mannschaft. Egal in welchem Sport ich gut werden will, vielleicht ein (inter)nationales Niveau anstrebe: Der Verdrängungswettbewerb ist immer und sofort Teil des Spiels. Im Sport ist das ok, vielleicht dient es ja tatsächlich einer Art Aggressionsabfuhr (glaube ich sofort, wenn ich mir nicht nur Hooligans, sondern viele andere aufgeputschte, hysterische Sportfans ansehe). Allerdings – und vielleicht ist das sogar der für mich problematischste Punkt – kaufen wir uns implizit mit der Sportmetaphorik á la “Projekt Gold” genau diese Logik ein (Auszug Klappentext: “Ähnliche Strategien helfen uns im Alltag und führen auch in der Wirtschaft zum Erfolg, wie ein genauer Blick auf die Siegertypen im Business zeigt.”). Es geht immer um Verdrängungswettbewerb. Nicht ums Gemeinwohl, um das Kreieren von Win-Win Situationen, um die Kooperation zwischen den Mannschaften.
  4. Konsequenzen: (Fehl)Entscheidungen haben im artifiziellen Sport, der ja meistens derjenige ist, aus dem sich die großartigen Blaupausen für Erfolge bei Nullsummenspielen speisen, in mehrfacher Hinsicht völlig andere Konsequenzen als im sonstigen Arbeitsleben. Im allgemeinen gehen durch Entscheidungen im Training oder im Spiel keine Vereine insolvent, es gehen nicht hunderte oder gar tausende Arbeitsplätze verloren und es werden – ein echter Vorteil des Sports – keine Umweltkatastrophen wie bei der Deepwater Horizon erzeugt.
  5. Gehälter: Insbesondere im Massensport Fussball sind die Gehälter der Spitzenspieler so absurd hoch, dass sie selbst im Falle einer fristlosen Kündigung den Rest ihres Lebens auf den Malediven den Bauch in die Sonne halten können. Das einzige Risiko, was die Herren dann noch haben besteht im Bedeutungs- und Ruhmesverlust. Diese Differenz schlägt besonders im Kontext selbstbestimmter Arbeit zu Buche. Schon mal einen Weltklasse-Fussballverein oder eine Nationalmannschaft kennengelernt, die Einheitsgehälter bekommen oder ihr Salär gemeinsam verhandeln?
  6. UEFA Women’s Cup-Finale 2005 in Potsdam

    Gendergap: Sportarten, in denen Männer und Frauen nicht schön säuberlich wie im Internat des vorletzten Jahrhunderts getrennt sind, kommen eher selten vor (Spring- und Dressurreiten, beispielsweise). Ansonsten haben wir im (Leistungs)Sport eine Trennung der Geschlechter, die in jeder Firma einen Skandal erster Güte hervorrufen würde und die sich – natürlich – auch in der Bezahlung niederschlägt. Überaus interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass vorwiegend Männer die großartigen Erfolgsstories des Sport als “Erfolgsmodell” für Führung und Management verkaufen. Insbesondere im Bereich der artifiziellen Sportarten. Mit Projekt Gold und One Touch kaufen wir uns diese für die restliche Arbeitswelt absurde Geschlechtertrennung implizit ein.

  7. Fans: Die jubelnden und weinenden Fans gehören zum (Massen)Sport genauso dazu, wie Anstellungsverträge in der sonstigen Arbeit. Aber wie oft kommt es vor, dass jemand ein Zetsche oder Winterkorn Trikot trägt oder gar eines eher unbekannten Bereichsleiters? Dieses Vergnügen jubilierender Fans kommt nur einigen wenigen ikonischen Führungspersönlichkeiten wie Steve Jobs zu – und ob es da gerechtfertigt ist, erscheint ziemlich fraglich.
  8. Medienpräsenz: Sicher, auch Millionen Menschen kennen Daimler, VW und BMW. Aber selbst bei der BASF, Fresenius oder Vonovia, die allesamt ebenfalls im DAX 30 sind, dürfte das schon anders aussehen. Mal ganz zu schweigen vom Mittelstand. Die gigantische Medienpräsenz der Spitzenvereine und -sportler bringt eine ganz andere Dynamik ins Spiel als bei unbekannten Unternehmen mit 300 Mitarbeitenden. Welches mittelständische Unternehmen ist weltweit bekannt und kann international um neue Spitzen-Mitspieler buhlen? Wobei dann noch die Frage offen bleibt: Was soll denn ein neuer Weltklasse Rechts-Außen im Nicht-Sport-Arbeitsleben sein?
  9. Neue Arbeit: Last not least erscheint mir Sport als Erfolgsmodell gerade für selbstbestimmte Arbeit vollkommen deplaziert. Unter anderem aufgrund der hier bereits ausgeführten Differenzen, insbesondere die Faktoren Erfolg, Verdrängungswettbewerb, Gehälter und Gendergap, mal abgesehen von dem widerwärtigen Korruptions- und Seilschaftsfilz einer FIFA und den geldgeilen Steuerhinterziehungen diverser Spitzenspieler. Darüber hinaus erscheint mir die Sinnkopplung an die Arbeit reichlich unterschiedlich. Welchen Beitrag zu welcher gesellschaftlichen Entwicklung will Ronaldo leisten? Steuerfreiheit für alle? Sportler üben ihren Sport meistens aus rein egoistischen Gründen aus: Macht halt Spaß, ist das einzige was ich kann, bietet mir die Chance aus der Armut rauszukommen, Respekt zu erarbeiten etc. Das ist legitim – aber ein Vorbild für neue, selbstbestimmte Arbeit zum Gemeinwohl für alle? Umgekehrt wird vielmehr ein Schuh draus: Was kann der Spitzensport von neuer, selbstbestimmter Arbeit lernen? Genau dazu hat Martin Ciesielski aus Berlin gestern einen interessanten Beitrag bei LinkedIn veröffentlicht: Sprung in die Unsicherheit – die (selbst)lernende Mannschaft.

Alles in allem sehe ich enorme Unterschiede zwischen Sport-Arbeit und Nicht-Sport-Arbeit, die die einfache metaphorische Übertragung zweifelhaft machen. Das und die gerade im Mannschaftssport meist ausbleibende mehrfache Reihe von Spitzenerfolgen wie Weltmeister-, Europa- und Olympiatitel macht es fraglich, wie sinnvoll es ist, das Führungskräfte vom “Profifußball” lernen.

 

Herzliche Grüße
Andreas

 

Bildnachweis

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Comments (11)

Hallo Andreas,
schön, dass Du das Thema aufgreifst. Auf dieser von Dir benannten Ebene bin ich mit Dir einig. Hier kann man nur wenig Gemeinsamkeiten zwischen Sport und Wirtschaft entdecken. Auf dieser Ebene findet man die von Dir benannten Unterschiede aber auch zwischen einzelnen Sportarten, nicht nur zwischen Sport und Wirtschaft. Es ist grundsätzlich so, dass Erfolg im HEUTE nicht Basis für den Erfolg im MORGEN ist. Und man kann selbst in nur einer einzigen Sportart keine Rezepte für Erfolg ausmachen. Scheinbar gleiche Tätigkeiten können HEUTE erfolgreich sein und morgen eben nicht mehr. Dafür muss man den Vergleich zwischen Wirtschaft und Sport nicht bemühen.
Wenn ich Vergleiche zwischen Sport, genauer nur Mannschafts- kein Einzelsport, und Wirtschaft anstelle, dann bin ich auf einer anderen Ebene unterwegs, und dort suche ich nach Gemeinsamkeiten. Das möchte ich gerne ausführen.
In beiden Bereichen geht es darum, dass Menschen ZUSAMMEN etwas erreichen wollen oder vielleicht auch sollen. In beiden Bereichen geht es darum, dass Menschen und das gemeinsame Miteinander den Erfolg und Misserfolg ausmachen. Und genau auf dieser Ebene kann man Muster ausmachen, die für Erfolg und Misserfolg stehen, vor allem und hauptsächlich im Kontext Führung. Aber natürlich sollten diese Muster niemals als Rezept angesehen werden.
Und da Sport viel transparenter ist als Wirtschaft, kann man diese Muster im Sport besser als in der Wirtschaft entdecken. Was meine ich mit dieser Transparenz? Man kann ein komplettes Fußballspiel sehen, man kann Interviews vor und nach dem Spiel sehen und hören. Teilweise sind Trainings öffentlich. Analysen werden vor und nach dem Spiel gefahren. Diese Geschehnisse kann man dann mit den Ergebnissen vergleichen. Das geht so in der Wirtschaft nicht.
BG, Conny

1. Die Regelstabilität im Fußball gibt es nur während des laufenden Spiels und steht und fällt mit dem Schiedsrichter. Jährlich werden aber Schiedsrichterentscheidungen verändert und in den 90ern gab es einen größeren Umbruch sowohl bei Verträgen und Transfers, aber auch des Element des Spiels, der standardisiertere Leistungen abrufen lässt. Deshalb verändern sich die Topligen und “anatomisch weiße Spieler” verschwinden.
2. Es gibt unterschiedliche Wichtigkeitsgrade von Funktionen in einem Unternehmen. Der Erfolg wird genauso über zentrale Stellen getrieben, wie im Mannschaftssport. So ist die Geschäftsentwicklung vital und der klassische Spielmacher. Man kann die Funktionen eines Spielmachers mit der Rückennummer 10 auch anderen auftragen, wie jenem mit der 6 oder 8. Man kann ein Teil der Geschäftsentwicklung auch Projektmäßig an die IT übergeben. Alles ist messbar und zwar am Erfolg, der von zahlreichen Akteuren bewertet wird. Spätestens im Markt.
3. Nullsummenspiel ist Sport gerade nicht.
Wirtschaft ist ebenfalls kein Nullsummenspiel. Umverteilung und sinnlose Konkurrenz sind Nullsummenspiele.
Ein Siegertyp geht aber in die Konkurrenz, nicht Verdrängung, um sich als das stärkste Glied zu präsentieren. Denn nur 11 Mann stehen auf dem Fußballplatz.
4. Konsequenzen sind im Leistungssport wie Fußball, wohinter Unternehmen stecken, sehr wohl 1 zu 1 übertragbar. Es gibt abstufende Entscheidungen: Ein falscher Einwurf ist vergleichbar mit Fehlern bei einem Kleinprojekt.
5. Gehälter im Sport. Der Fußball ist unfassbar politisch und unfassbar unternehmerisch geworden. Jetzt könnte man zwar einwenden, dass das viele Geld, was hineinfloss in einem freien Markt viel weniger Wert wäre, aber da sind wir ja gar nicht. Ein Großteil der Mittelklasse-Spieler bekommt zu viel Geld und hemmt vielerorts die Ausbildung. Aber die besten Spieler (C. Ronaldo) sind das Geld fast immer absolut wert. Nicht jeder Profi hat bei hohem Lebensstil ausgesorgt, aber es werden viel mehr Mäuler gefüttert. (Berater etc.)
6. Gendergap ist überall da ersichtlich, wo die Konkurrenz fair ist. Ein großer Faktor, warum Großbetriebe mit steigenden Frauen in der Arbeitsmannschaft maroder werden und es durch agile Teams (häufig Kleinbetriebe) eine wesentlich bessere Abstimmung und Schlagkraft gibt, die von außen Strukturen angreift. Im Frauenfußball, der sich ja massiv gewandelt hat und “Jugendfußball der Herren” anstrebt, hat durch diese Fokussierung an Attraktivität gewonnen. Damit ist es eine neue Sportart, die andere Menschen anzieht. Und das professionell gestaltet. Und auch hier sind Männer führend bzw. agile Teams zwischen Mann und Frau.
7. Man kann auch Fan einzelner Spieler und Manager ohne Trikot sein. Deshalb trug man früher “Kutten”, während man heute Trikots trägt, mit denen man auch joggen geht.
9. Steuergesetzgebungen sind nicht einheitlich in Europa. Steuern sind keine Gebühren, sondern Zwang. Ronaldo ist das Role-Model für Personen, die immer ihre Leistung bringen und ein absolut höchstes Maß an Vertrauen genießen. Das Gegenteil des Schwätzers. Er gibt durch seine Bodenständigkeit vielen Leuten in seiner armen Heimat Mut, dass man über Leistung aufsteigt und nichts anderes.

Fußball ⚽️ war für mich noch nie ein gelungener Vergleich mit Management?‍♀️?‍♀️
Wobei: Wenn ich mir die Gesichter der „jubelnden Männer“ anschaue: diese Aggression im Ausdruck und das rhythmische Klatschen zum Chorus von „Sieg“, dieses laute Brüllen der Spieler oder das Gröhlen der Fans…bekomme ich langsam ein Bild davon, warum Frauen sich im Führungs-Management unter Männern oftmals nicht wohlfühlen können, wenn die Ausdrucksform dieses „Mannschaftsgefühls“ sich dort auch nur annähernd wiederfindet??
Machen sich fussballspielende oder fussballbegeisterte Männer eigentlich hin und wieder Gedanken über ihre Wirkung auf andere Menschen, wenn sie in diesem Siegestaumel auftreten wie eine Horde Gorillas, die sich auf die Brust trommelt?

Ich kenne die Bücher nicht, will aber eines anmerken.
Das klassische Management ist das Top und obere Mittelmanagement. Alles darunter trägt diesen Namen inzwischen auch, aber entscheidet quasi nichts. In den Top-Projekten und auf der realen Managementebene tümmeln sich überwiegend Platzhirsche und “Häuptlinge”. Nehmen wir jetzt mal an, dass die Platzhirsche alle da gerechtfertigterweise sitzen, dann reichen zumindestens “einfache kurze Worte”, um die Personen zusammenzuhalten. Hier sehe ich schon eine Parallele zum Sport.
In vielen Unternehmen sind entweder die Platzhirsche oder auch jene, die es prinzipiell sein wollen, phasenweise verwirrt (weil Sie bestimmte Entwicklungen nicht haben kommen sehen oder Sie nicht komplett deuten können, um Ihre eigene Stellung zu behalten oder gar zu erweitern) ODER Sie sind und waren keine Platzhirsche. Kommt hier keine Bewegung rein, herrscht Stillstand.
Auf der professionellen Ebene der Wirtschaft herrschen Strukturen vor, die der Fußball kopiert hat. Berater von dem Manager/Spieler/Arbeiter etc…auch hier muss das Gebilde insgesamt stimmen, damit alle Spieler in die selbe Richtung gehen.

2014 hat dies noch geklappt, obwohl unfassbar viele Spieler (Deutschland hätte zwei Nationalmannschaften stellen können, die ins Finale kommen könnten) abgesägt wurden. Vom Trainerstab her war das Ergebnis nicht so überragend einzuschätzen, da taktisch Fehler begangen wurden, die ein Team aber ausbaden konnte. 2016 konnte das Team die Fehler nicht ausbaden, obwohl es relativ am Limit spielte.
2018 gab es dieses Team nicht, es gab keine Aufstellung nach Leistung, sondern Erwartung und es gab wieder taktische Fehler, sodass willige Teamspieler quasi verheizt wurden und andere sich zurückgelehnt haben, indem man die Taktik runtergespielt hat, obwohl es nicht funktioniert hat. Auch hier wirken korrupte Strukturen hinein, sodass nicht alle in die selbe Richtung gingen oder den Weg gehen konnten. Im Ergebnis trägt der oberste General die Schuld, da dieser NUR motiviert hat, aber selbst keine andere Leistung erbracht hat.
Das ist der Unterschied zwischen Vereinstrainern und Nationalmannschaftstrainern.
Der Absturz der Deutschen Nationalelf hat also etwas direkt mit der Führung zu tun. In der Vergangenheit (90er Jahre) gab es diesen auch, der lag aber an einer ausbleibenden Förderung, die heute da ist. (Man bedenke man wurde Confed-Cup-Sieger letztes Jahr.) Aber die nächsten Jahre werden knackig, da im Vereinssport zu wenig Entwicklung mit deutschen Talenten betrieben wird.
Hier liegt der Kasus Knaxus:
Ob man erneut Weltmeister im Sport wurde, ist gegenüber der Frage, ob man z.B. industrielle Exzellenz behält, absolut untergeordnet.

Ein prima Artikel, Andreas, der in eine Reihe von Folgeartikeln münden könnte – alle mit dem Ergebnis: (artifizieller) Sport als Metapher für Management taugt nicht oder höchstens in Fragmenten. Aber sicher nicht so, wie in irgendwelchen Ratgebern oder auch im realen Leben von Führungskräften beschrieben und angewendet.
Gerade das Beispiel Fußball war für mich noch nie eine gelungene Analogie zum Thema Führung und Management (da schließe ich mich zu 100% Ute an – siehe FB). Einmal natürlich, weil ausschließlich der Männerfußball als Metapher dafür herangezogen wird. Sollte ich mich irren, wäre ich dankbar, wenn mir jemand einen Karriereratgeber z.B. von Silvia Neid zeigen könnte. Einen von Steffi Jones, Nadine Angerer oder, oder, oder. Von den beiden Letztgenannten gibt es Autobiografien, that’s it. Oder wie in der Frauenförderung der Frauenfußball als Führungsmodell genutzt wird. Es gibt eine Doku auf DVD über die WM 2011 (Frauenfußball-WM!), die ich leider noch nicht gesehen habe, anhand der Inhaltsangabe aber keine Hinweise auf Management u. Führung erwarte. Demzufolge nehme ich von Männern geschriebene Ratgeber als auch Männer, die Sport-Metaphern (ich meine hier den von Andreas beschriebenen „artifiziellen“ Sport) im Unternehmenskontext nutzen, eher als Äußerungen alter weißer Männer wahr, die die Deutungshoheit über etwas übernehmen und diese Deutungshoheit auch noch für übertragbar halten.
Dieses „zusammen etwas erreichen wollen“, was Du, Conny, ansprichst ist für mich insbesondere im Fußball eher negativ behaftet. Denn dieses „zusammen“ bezieht sich ausschließlich auf die eigene Mannschaft (mit mal mehr oder weniger Erfolg) und hat m.E. viel zu oft das Ziel, lediglich das Spiel des Gegners zu zerstören, als wirklich ein eigenes konstruktives und für alle Seiten (einschließlich des Publikums) ästhetisches Spiel zu liefern. Übertrage ich dies auf den Unternehmenskontext heißt das schlichtweg: „Wir halten zusammen, um andere platt zu machen.“ Ist das der Sinn zukunftsfähigen Wirtschaftens und moderner Führung? Ich beantworte das mit einem klaren Nein.
Thema Transparenz: Sehe ich fundamental anders als Conny. Hier kann man Sport und Wirtschaft prima vergleichen – beide völlig intransparent. Das was Du, Conny, als Transparenz beschreibst – das Zuschauen beim Spiel, Interviews, etc. – ist für mich im besten Fall mit der „gläsernen Fabrik“ zu vergleichen. Das, was ich als Zuschauer „transparent“ zu sehen bekomme, ist nur das, was nach außen dringen darf. Es wurde kuratiert und abgesprochen und ist damit PR, aber keine Transparenz. Welches Geschiebe von Posten und Kapital hinter den Kulissen stattfindet, welcher Mißbrauch mit Menschen (man denke nur an das Riesenthema Doping, die Outing-Problematik bei homosexuellen Spielern, rassistische Berichte, Kommentare, Bashing, etc. pp…. ), erfahre ich erst, wenn das Faß überläuft.
Liebe Grüße
Daniela

[…] „Unternehmendemokraten“, siehe auch hervorragendes Buch dazu in [1]) legt in seinem Blogpost „Warum Spitzensport kein Modell für Management ist“ neun Gründe für ebendieses dar. Er bezieht sich dabei auf artifiziellen Sport, also […]

In all diesen Punkten unterscheidet sich Sport deutlich vom echten Leben, und taugt nicht als Vorbild für das eigene Verhalten, egal ob in der Führung oder Mitarbeit. Ist das jedoch schon alles, was Leistungssport ausmacht?
Während im obigen Beitrag eher die sportliche Auseinandersetzung im Turnier mit allen Begleiterscheinungen und die Sportart an sich im Fokus steht, sehe ich die Verbindung eher in der Art der Vorbereitung.
Die ganze Ausführung war für einen Kommentar hier zu lang, die gibt’s als Blog-Replik bei mir drüben (siehe Link im Namen).

Als ehemalige Leistungssportlerin zehre ich nicht nur bis heute von den gemachten Erfahrungen, sondern nutze auch sehr gerne jegliche Analogien um Botschaften zu transportieren.
Klare Spielregeln im Sport setzen Leitplanken genauso wie z.B. gesetzliche und kaufmännische Spielregeln. Trotzdem versucht jeder Sportler und jedes Team doch genauso diese Spielregeln möglichst weit auszuloten wie Firmen in der Wirtschaft, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Strategen und Tüftler sind längst feste Größen in Spitzenteams, regelrechte Materialschlachten längst alltäglich. Und dann kommt immer mal wieder jemand der es ganz anders macht… den Hochsprung als Flop ausübt oder plötzlich die Kugel als Drehstoß wuchtet. Ich selbst habe nicht gezählt, wie oft ich die verwunderte Frage „Wie kannst du denn immer noch Muskelkater bekommen?“ gehört und geduldig erklärt habe, dass man nie aufhören darf immer neue Anreize und Impulse zu setzen (sowohl aus Motivations-, als auch physischen Gründen) – ganz wie in der Wirtschaft.
Pokale und Medaillen dürften gleich eindimensional und objektiv wie der erzielte Gewinn eines Unternehmens gesehen werden ok, aber genauso wie ein Unternehmen strategische Ausrichtungen, Interessensfelder und eigene soziale, ökologische etc. Ziele formuliert, genauso bedeutet für mich als Sportler doch nicht immer nur Platz 1 einen Erfolg. Nein, je nach Wettkampf sind es neue persönliche Bestleistungen oder vielleicht eine erfolgreich getestete Technik die geltende Erfolgsmessung abseits von Silber, Gold und Bronze. Wichtig ist es selbst für sich und im Rahmen seines Teams zu definieren, was Erfolg bedeutet. Dann lässt sich der Erfolg auch messen. (OKRs lassen grüßen, damit schweife ich hier aber zu sehr ab)
Spannend ist das Thema Gendergap. Wenn ich überlege, wie schon bei Mixed Turnieren explizit als Spielregeln festgehalten wird, dass mindestens X Frauen dabei sein müssen, dann klingt das durchaus als Inspiration für die Frauenquote… nein, also eine Trennung aufgrund physischer Unterschiede (in Sport und Job) ist doch nur fair. Hier eine strikte Geschlechtertrennung allgemein für die Jobwelt abzuleiten ist wiederum ziemlich unfair…
Achso, abschließend: ich bin als Angestellte übrigens lieber Teil des auflaufenden, aktiv im Spiel eingebundenen Teams als nur passiv am Spielfeldrand zu stehen – ob nun mit oder ohne Trikot.

Als ehemalige Leistungssportlerin zehre ich nicht nur bis heute von den gemachten Erfahrungen, sondern nutze auch sehr gerne jegliche Analogien um Botschaften zu transportieren. Dass das Modell Sport für jeglichen Vergleich taugt, möchte ich aber genauso wenig unterstreichen wie die Aussage, dass es so gar keine sinnvolle Metapher sei. Vielmehr geht es doch darum crossfunktional voneinander zu lernen und das Gelernte im anderen Kontext sinnvoll einzusetzen. Nicht mehr, nicht weniger.
Klare Spielregeln im Sport setzen Leitplanken genauso wie z.B. gesetzliche und kaufmännische Spielregeln. Trotzdem versucht jeder Sportler und jedes Team doch genauso diese Spielregeln möglichst weit auszuloten wie Firmen in der Wirtschaft, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Strategen und Tüftler sind längst feste Größen in Spitzenteams, regelrechte Materialschlachten längst alltäglich. Und dann kommt immer mal wieder jemand der es ganz anders macht… den Hochsprung als Flop ausübt oder plötzlich die Kugel als Drehstoß wuchtet. Ich selbst habe nicht gezählt, wie oft ich die verwunderte Frage „Wie kannst du denn immer noch Muskelkater bekommen?“ gehört und geduldig erklärt habe, dass man nie aufhören darf immer neue Anreize und Impulse zu setzen (sowohl aus Motivations-, als auch physischen Gründen) – ganz wie in der Wirtschaft.
Pokale und Medaillen dürften gleich eindimensional und objektiv wie der erzielte Gewinn eines Unternehmens gesehen werden, ok, aber genauso wie ein Unternehmen strategische Ausrichtungen, Interessensfelder und eigene soziale, ökologische etc. Ziele formuliert, genauso bedeutet für mich als Sportler doch nicht immer nur Platz 1 einen Erfolg. Nein, je nach Wettkampf sind es neue persönliche Bestleistungen oder vielleicht eine erfolgreich getestete Technik die geltende Erfolgsmessung abseits von Silber, Gold und Bronze. Wichtig ist es selbst für sich und im Rahmen seines Teams zu definieren, was Erfolg bedeutet. Dann lässt sich der Erfolg auch messen. (OKRs lassen grüßen, damit schweife ich hier aber zu sehr ab)
Achso, abschließend: ich bin als Angestellte übrigens lieber Teil des auflaufenden, aktiv im Spiel eingebundenen Teams als nur passiv am Spielfeldrand zu stehen – ob nun mit oder ohne Trikot, jubelnd oder fluchend.

Hallo zusammen,
vieles von Euren Antworten kann ich teilen, Ute und Daniela.
Beim Vergleich zwischen Wirtschaft und Mannschaftssport bin ich allerdings auf einer anderen Detailstufe unterwegs. Ich glaube an Muster im Zusammenwirken von Menschen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Hier inspiriert mich die Strukturwissenschaft Synergetik: https://youtu.be/l3rnHiweKzM. Und da man das ganzheitliche Zusammenwirken von Menschen im Mannschaftssport besser beobachten kann als in der Wirtschaft, glaube ich an die Übertragbarkeit von Erkenntnissen vom Mannschaftssport in die Wirtschaft.
Und in Diversity-Diskussionen klinke ich mich grundsätzlich nicht ein. Warum? Diversity schafft Einfalt statt Vielfalt: https://blog-conny-dethloff.de/?p=1563
BG, Conny

Lieber Herr Zeuch,
im Internet bin ich auf Ihren höchst interessanten Beitrag “Warum Spitzensport kein Modell für Management ist” gestoßen.
Als “Bewegungs-Visionär” stimme ich Ihnen hier vollumfänglich zu. Im Schul-und Vereinssport wird Kindern eine erfolgreiche Zukunft suggeriert, wenn sie sich sportlich im Sinne der Verbände entwickeln. Damit wird meiner Erfahrung nach bei den meisten Kindern die ursprüngliche und gesunde Bewegungsfreude abgewürgt. Deshalb fände ich es weitaus sinnvoller, jegliche finanzielle Spitzensportförderung einzustellen und in die relevante Bildung zu stecken, die fürs Leben bedeutend ist (Management, IT, Handwerk usw.).
Herzliche Grüße aus dem Süden,
Wolfgang Richter – The Flow Move Mix

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